Schöner Wohnen

mal wieder von Andrea Zander

 

Also, so langsam nimmt das hier Auswüchse an, die mich eher an eine Mischung aus Kindergarten, Horrorfilm und Wilder Westen erinnert als an "schöner Wohnen in einer Genossenschaft".

Da heuert unsere Verwaltung ein ganzes Rudel Anwälte an, um sich gegen die eigenen Mitglieder zu stellen, und da wird "aus Versehen" eine prächtige Verkaufsofferte über einen Makler geschaltet, in der wir schon längst beiseite geräumt sind. Wir machen uns heiße Köpfe, wie wir das Problem gelöst bekommen, haben eine tolle Idee, die, - wie wir dachten - , für alle Beteiligten eine gute Lösung wäre:

Wir gründen eine eigene Genossenschaft und kaufen die Häuser selbst.

Dies haben wir unserer Verwaltung ( namentlich VHW) über unseren Rechtsbeistand vom Mieterverein zu Hamburg genauso schriftlich mitgeteilt, wie schon vorher die Tatsache, dass wir nicht beabsichtigen, unser Zuhause aufzugeben. Beides wurde schlicht weg ignoriert, wie auch einige weitere Anfragen von unserer Seite.

Aber nun haben wir schriftlich, dass die VHW weiterhin das Ziel verfolgt, unsere Häuser abzureißen. Aber wir brauchen uns keine Sorgen zu machen über den Blindgänger auf dem Grundstück. Der ist entschärft...

Das ist genauso herrlich subtil, wie die Androhung, die leerstehenden Wohnungen mit Obdachlosen zu füllen, was wir übrigens auch schriftlich haben... Das soll uns wahrscheinlich Angst machen, mich reizt das aber eher zum Lachen. Ich fand Wildwestfilme immer schon eher langweilig.

Und wie es nun der Zufall will, passiert ein Teilabriss gerade in dem Moment, als unser Rechtsbeistand in Urlaub ist. Offiziell handelt es sich dabei natürlich um ein Baugutachten. Aber im Rahmen dieses Gutachtens werden nun systematisch die Badezimmer in den leer stehenden Wohnungen komplett zerstört, die Pitchpine-Holzböden werden heraus gerissen, bei strömendem Regen werden Löcher in Außenwände gebohrt und geschlagen, Türen und Fenster sperrangelweit offen stehen gelassen, damit es schön herein regnet. Und wir wohnen nun mitten in Presslufthammerlärm und Chaos, was natürlich ganz sicher mal wieder keine Absicht war. Auch dass es seit gestern (21.7.05) Steine und Wasser auf das Bett von Herrn Durdak regnet, war natürlich keine Absicht.

Und natürlich haben wir die Arbeiter gefragt, ob denn nun schon ein paar Katastrophen zutage getreten sind. Die Antwort war nicht überraschend: Es müssen einige Reparaturen gemacht werden, aber die Substanz ist bisher absolut in Ordnung. Und die Arbeiter wuselten vor dieser Aussagen übrigens  schon im letzten Haus unter dem Dach. (Kleines Beispiel: Im Februar 1962 stieg das Wasser wegen der Sturmflut durch das Dükerwerk in den Keller des Hauses Schlöperstieg 1/Kurdamm 20. Seit dem ist der Bodenbelag des Kellers defekt. Und es ist natürlich auch so, dass sich Klebeband und Plastiktüten nicht wirklich für die Reparatur von Regenrinnen eignen. Und wenn die Stahlstreben eines Balkons jahrzehntelang nass werden, rosten diese, was nicht so toll ist für die Stabilität eines - zum Glück vorgebauten - Balkons.)

Die VHW spielt nun mal viel lieber mit neuen Bauklötzen, als das alte Spielzeug in Stand zu halten, wird aber anscheinend bockig, wenn ein anderes Kind sagt: Dann gib mir doch das alte Spielzeug. Ich würde mich darüber freuen und es ganz bestimmt pfleglich behandeln. Wie schon eingangs erwähnt, echt eine tolle Mischung aus Kindergarten, Horrorfilm und Wilder Westen. Und ich wohne da mittendrin und denke, ich bin im falschen Film, was mich aber ganz sicher nicht davon abhalten wird, weiter um den Erhalt dieser schönen Häuser, Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum und nicht zuletzt um das Prinzip des genossenschaftlichen Wohnens zu kämpfen. Ich habe dem vorsitzenden Mietervertreter der VHW ( Herr von Iljin ) wortwörtlich erklärt, dass ich erst in Erwägung ziehe, aus meiner Wohnung auszuziehen, wenn die Abrissbirne vor meinem Fenster hängt, aber dass ich dann ganz sicher in keine Wohnung des VHW umziehe. Ich wohne nämlich sehr gerne in einer Genossenschaft und liebe das genossenschaftliche Prinzip, und es wird sich doch sicher eine finden, die diesen Namen auch verdient.

Ach, da fällt mir doch gleich eine ein: Die Schlöperstieg-Genossenschaft. Und ich weiß auch noch viele andere richtig gute, sogar hier in Wilhelmsburg, wie z.B. die Reiherstieg-Genossenschaft.